LEMME
LEMME
LEMME
LEMME
LEMME

25.11

27.01.24

Richard

Jean

Trous

Noirs

Fotos: Romain Iannone

Für ihre letzte Ausstellung in Lemme hat die Kuratorin Josiane Imhasly den Musiker, Videokünstler und Aktivisten Richard Jean eingeladen. Er wohnt nicht nur in unmittelbarer Nähe des Betonkubus’, sondern gehört auch zu den grössten Liebhabern der Skulptur von Pierre Vadi (nicht zuletzt aufgrund ihrer Würfel-Form). Auf die Frage, wie es ist, Kunst innerhalb von Kunst (also seine eigenen Werke innerhalb Vadis Werk) auszustellen, würde er, angelehnt an den Philosophen Gregory Bateson, vielleicht antworten: Die Ausstellung Trous Noirs wird in Bezug auf Lemme gelesen und Lemme definiert das in ihm Gezeigte und dieses wiederum Lemme. In seiner Ausstellung Trous Noirs (Schwarze Löcher) verwebt Jean verschiedene Bezüge zu Kunst und Religion und behauptet – ebenfalls mit Bateson – die Wichtigkeit von Kunst (und Religion) für das Leben und ihre Kapazität(en), die Welt auf einer Ebene zu fassen, die Sprache und mentalen Prozessen nicht zugänglich ist.

Richard Jean wurde 1951 in Sion geboren, Quartier von «Wallais» in den Schweizer Alpen. Zunächst als Autodidakt in der (elektronischen) Rockmusik aktiv, faszinierte ihn bald die komplexere Welt der Jazzimprovisation. Seit 1982 kreiert und organisiert er mit dem Orchester/Kollektiv L’œil & L’oreille Konzerte und Ausstellungen im Rhonetal und schafft an oft aussergewöhnlichen Orten einzigartige Begegnungen. Richard Jean hat an zahlreichen Konzerten, Ausstellungen und Festivals im Wallis und in der Schweiz teilgenommen. 2015 realisierte Jean ein Konzert in der Jesuitenkirche in Sion. Dessen Dokumentation spielt eine zentrale Rolle in der Installation Trous Noirs in Lemme. 2017 wurde Richard Jean für sein Engagement in der freien Szene mit dem Spezialpreis des Kantons Wallis ausgezeichnet. Heute, im Alter von 72 Jahren, setzt er seinen Weg im Dickicht der Künste fort und orientiert sich am Sternenhimmel, wo das Chaos lebt.

Schwarzes Loch, roter Fleck
Die Wucht seines Gesangs
Hindert jede Form
Von Materie oder
Strahlung daran,
zu fliehen oder sich anzunähern.

Zu Beginn wollte ich es das Geheimnis nennen!
Es hatte mich erinnert an die “Grüne Schachtel” von
Marcel Duchamp.
Alles ist irgendwo versteckt!!!!        Gut!

Es wird also “Schwarze Löcher und roter Fleck” sein. Mit einer Anlehnung an den ästhetischen DeterminismusDer Ritus und die Ökologie des Geistes von Gregory Bateson : 

«Wir haben das Heilige so sehr aus den Augen verloren, dass wir sogar unfähig werden, ein Sakrileg zu begehen.» (Bateson und Bateson: Wo Engel zögern: unterwegs zu einer Epistemologie des Heiligen, Suhrkamp 1993.) Eine treffende Beschreibung unserer heutigen Beziehung zu den christlichen Sakramenten und zur christlichen Liturgie – sowohl was die praktische Beziehung (von “Gläubigen” und “Gleichgültigen”), als auch die theoretische Beziehung (von “Theolog:innen” und “Wissenschaftler:innen”) angeht. Die Möglichkeit, zu glauben, ohne zu praktizieren (also “spirituell”, statt “religiös” zu sein), ist nicht nur die logische Umkehr der von den biblischen Propheten angeprangerten götzendienerischen Praktiken, sondern auch eine Haltung, die jedes Sakrileg aufhebt, die einen also gleichgültig werden lässt. Ebenso steht die Möglichkeit, Riten als Ausdruck von Ideen zu praktizieren, im Gegensatz zum Verständnis von Riten als Erfahrung einer Kontaktaufnahme mit dem Fundament der Realität (also dem Göttlichen). Weiter noch steht diese Möglichkeit für das Unvermögen, durch den Wunsch nach absolutem Verständnis und vielleicht sogar nach totaler Kontrolle in ein Sakrileg zu verfallen.

Text von Richard Jean und von Richard Jean ausgewählter Auszug aus dem Artikel Das Geheimnis des ästhetischen Determinismus. Der Ritus und die Ökologie des Geistes von Gregory Bateson von Ângelo Cardita, 2019.